Carin Müller bloggt ...

Delfine!

Warum sind wir Menschen so versessen auf Delfine? Klar, sie sehen irgendwie niedlich aus, schnattern lustig und sind tendenziell freundlich zu uns ungehobelten Humanoiden, die - ob absichtlich oder nur aus Gedankenlosigkeit - vieles dafür tun, dass der Lebensraum der Meeressäuger immer weiter vernichtet wird. Es gibt natürlich zig Studien zu dieser Thematik, doch die zu zitieren wäre ja langweilig. Daher versuche ich's mit einer eigenen, streng subjektiven, empirischen Untersuchung zum Thema:

Vor ein paar Monaten stand meine gute Freundin S. vor ihrer Reise nach Bali. Am Telefon erzählte sie mir, dass sie dort die Möglichkeit habe, mit einem Fischerboot zum Delfine-Gucken zu schippern. S. war - ähnlich wie ich selbst - wohl eher an dem Trip mit dem Bötchen interessiert und hätte die Tiere nur als nette Beigabe genommen. Wir diskutierten angelegentlich, was nun alle Welt so an diesen Viechern fasziniert. Nach eingehenden Analysen kamen wir zu dem Schluss: Für uns Menschen sind Delfine Hunde im Fischkostüm!

Hunde im Fischkostüm

Doch dann kam S.s Nachricht aus dem Urlaub: "Ich nehme alles zurück, was ich über Hunde im Fischkostüm gesagt habe. Delfine sind ganz bezaubernd! Wir sind heute Morgen um 5 aufgestanden und meiner Nussschale mitgefahren. Der Fischer musste zwischendurch immer Wasser aus dem Boot schöpfen - aber es war traumhaft!" Hm. Meine kühle, analytische S. war verknallt in glitschige Meeressäuger?!

Solche Schwärmereien kenne ich sonst nur von Freundin T., einer passionierten Globehopperin, die ihr magisches Delfin-Erlebnis bereits vor ein paar Jahren auf Hawaii hatte. Aber T. ist grundsätzlich enorm begeisterungsfähig und findet sowieso jedes Tier gut (zwei der Gründe, warum ich sie so mag!) und würde womöglich sogar einer Feuerqualle einen gewissen Possierlichkeitsfaktor zuschreiben. Ihre Delfinerlebnisse zählen also nicht. Ich benötige mehr Zweifler für meine Studie.

Mich selbst! Als Kind der 70er Jahre bin ich natürlich mit Flipper aufgewachsen. Ihr wisst schon: "Sie nannten ihn Flipper - Flipper, Freund aller Kinder ..." [Oh, ich stelle gerade auf Wikipedia fest, dass der Song doch ganz anders geht ... egal, ihr wisst, was ich meine!] Und meine Fresse, was hätte ich damals alles für so einen treuen tierischen Freund gegeben! Flipper hatte es einfach sowas von drauf - er hat Sandy und Bud laufend aus allen möglichen verzwickten Situationen gerettet, gefühlt sogar in etwa jeder dritten Folge große Verbrechen verhindert oder wenigstens aufgeklärt. Kurz: Flipper erschien mir wie das ideale Haustier! Leider sahen das meine Eltern ganz anders - und kauften ein Aquarium mit Guppys. Guppys?? Ernsthaft!

Flipper, Guppys, Thunfischnetze

Ich glaube nicht, dass die Guppys wirklich Schuld daran hatten, dass meine frühe Leidenschaft für Delfine sukzessive abnahm. Nicht, dass ich jemals wirklich Antipathien gegen sie gehegt hätte, mich hat nur immer mehr der Kult um sie aufgeregt. Was wird den Biestern alles zugeschrieben: Intelligenz, Empathie, Therapiefähigkeit - kurz, sie sollen die überlegene Spezies sein. Das mag stimmen, oder halt auch nicht, denn so überlegen können sie wohl nicht sein, wenn sie sich von uns dummen Menschen so unfassbar missbrauchen lassen. Nein, ich habe und hatte nie Antipathien, es ist eher so, dass sie mir einfach leid tun. Delfine, die als Beifang in Thunfischnetzen elendiglich ersticken, Delfine die mit zahlenden Touristen zusammen schwimmen müssen (ich spreche hier nicht von den Therapie-Delfinen, wobei die mir ehrlich gesagt auch leid tun), Delfine, die in Zoos alberne Kunststückchen lernen müssen, Delfine, die vom Militär zur Wasserminenverteilung oder -entschärfung trainiert werden. Alles reichlich fragwürdig.

Ich verwehrte mich also gegen die unangemessene Romantisierung einer Spezies, die sich nicht dagegen wehren kann und versuchte mich, in Delfin-Fragen neutral zu verhalten. Gut, ich verzichte weitgehend auf Thunfisch und komplett auf Schwimm-Abenteuern mit den Säugern (was aber vor allem daran liegt, dass ich es hasse, von Wasserbewohnern in ihrem Element berührt zu werden ... long story!), aber ansonsten sind - oder vielmehr: waren! - sie kein Thema für mich.

Delfine SIND besonders!

Als leidenschaftliche Kreuzfahrerin kenne ich natürlich den hysterischen Schrei eines Mitreisenden bei einer Sichtung: "Delfine!" wird dann über Deck gebrüllt! Doch sobald man seinen trägen Leib in Richtung Reling gewalzt hat, sind die Biester immer schon wieder weg. Aber ja, auch ich habe schon das ein oder andere Mal in den letzten zehn Jahren Delfine gesehen. Meist ein ziemliches Stück entfert und fast immer nur ein paar Sekunden lang. Nichts was eine erhöhte Endorphin-Ausschüttung rechtfertigen würde.

Bis letzte Woche! Ich war unterwegs mit der Royal Clipper zwischen den Inseln Lipari und Stromboli und lag mit dem Mann zusammen vorne im sogenannten Bug-Spriet-Netz. Was zwar ein bisschen unbequem ist, aber trotzdem der allertollste Platz auf diesem Schiff. Man schwebt buchstäblich über dem Wasser - den Blick wahlweise auf die imposanten Segel gerichtet, den Himmel - oder eben aufs Wasser. Unsere Augen waren selbstverständlich verliebt ineinander versunken, als von der Backbord-Netzseite (also links - wir lagen rechts neben dem Masten) der heisere Schrei "Dolphins!!" ertönte und unsere Aufmerksamkeit umgehend auf andere Dinge lenkte. Der Blick führte vorbei an den üppigen Brüsten der Galeonsfigur zum Wasser, das vom mächtigen Kiel in eine brodelnde Bugwelle verwandelt wurde (wir waren echt flott unterwegs!). Und tatsächlich! Dort hopste ein Delfin aus den Fluten und tauchte wieder ab. Dann der nächste. Und noch einer (oder vielleicht auch wieder der erste). Es war unglaublich. Es war wunderschön. Es war magisch! Es war ein Erweckungserlebnis. Eine gute halbe Stunde lang surften bis zu fünf Tiere auf der Welle und hatten richtig viel Spaß! Und ich? Was soll ich sagen? Ich liebe Delfine!