Carin Müller bloggt ...

Klette an Rosette

Die mannigfaltigen Vorteile, die eine Wohngemeinschaft zwischen Mensch und Tier mit sich bringt (oder besser: bringen kann) wurden hier schon häufig und wortreich erläutert. Daher beschränken wir uns diesmal auf den "totalen Verlust von Langeweile"!

Vermutlich geht es Eltern ähnlich: Ab dem Moment, an dem ein neuer Erdenbürger in ihr Leben tritt, ist es vorbei mit Müßiggang. Damit rechnen die meisten Menschen. Dass dies mit der Anschaffung eines Haustiers ähnlich sein wird, kommt für einige überraschend. Gut, der tägliche Thrill mag bei Guppy-Herrchen und Schildkröten-Frauchen nicht ganz so ausgeprägt sein, aber wir wollen hier nicht kleinkarierter als unbedingt nötig sein. Tiere bringen Leben in die Bude - vor allem wenn es Hunde sind. Und ganz besonders dann, wenn diese Hunde Terrier sind. Und absolut zweifellos dann, wenn es sich um Airedale Terrier Toni handelt.

Diese liebreizende Kreatur teilt nun schon seit fast sieben Jahren sein Leben mit uns (er hat übrigens am 11.10. Geburtstag - kulinarische Geschenke und Bällchen bitte an rechtzeitig an die im Impressum angegebene Adresse schicken. Danke.) und seitdem schafft er es JEDEN Tag, mich a) zu überraschen/zum Lachen zu bringen oder b) mir meine Grenzen aufzuzeigen. Meistens nutzt er beide Möglichkeiten.

Scheinschwangerschaft beim Rüden

Letzten Samstag beispielsweise: Hund und Frau fahren zur Leibesertüchtigung in den Frankfurter Niddapark. Der Plan: fünf Kilometer Joggen in moderater Geschwindigkeit (der Zweibeinerin geht's nicht so besonders - der Abend zuvor war lang und ... lang). Bis Kilometer 2 läuft alles wie vorgesehen. Der Terrier tänzelt fröhlich und stets in Sichtweite und erledigt alle relevanten Stoffwechselendvorgänge (Frauchen entfernt sie selbstredend vom Wegesrand). Dann nähert man sich einem Spielplatz und dem Sportpark, wo sich exessiv den diversen Ballsportarten hingegeben wird. Der Terrier ist an der Leine. Nach Verlassen der Gefahrenzone, darf er wieder dem Freilauf frönen. Bei Kilometer 3 klingelt das Telefon. Herrchen will wissen, was mit den Rauchmeldern passieren soll (long Story). Hund verschwindet im Gebüsch. Frau ruft und läuft weiter. Hund bleibt verschwunden. Frau wähnt ihn an einem seiner bevorzugten Stopps auf dem Gelände und läuft - regelmäßig seinen Namen skandierend - weiter. Kilometer 4: Keine Spur von Toni. Frau wähnt ihm am nächsten bevorzugten Stopp und rennt - weiterhin "Toni" brüllend - dorthin: Fehlanzeige. Also wieder zurück. Das Brüllen weicht einem asthmatischen Japsen. Terriersichtung bei Kilometer 5,5 - weit in der Ferne. Terrier eingefangen bei Kilometer 6. Wortlos an die Leine genommen. Toni keucht genauso asthmatisch wie Frauchen. Sein Problem. Strafe muss sein - weiterrennen! Bei Kilometer 7 fällt Frauchen auf, dass der Hund vor Antritt der Joggingrunde signifikant schlanker war. Ein praller Wanst wackelt rhythmisch hin und her. Auf die Frage, was um alles in der Welt er gefressen hat, gibt er keine Antwort. Natürlich nicht. Nach neun Kilometern erschöpft wieder am Auto. Hund sieht nicht nur schwanger aus, er ist auch dreckig und jammert, als Frauchen, nicht ganz so liebevoll wie sonst, Pfoten und Bauch abrubbelt. Irritation weicht Sorge. Was, wenn er einen Giftköder gefressen hat? Hund bekommt zuhause nichts zu fressen und auch keine Käsehäppchen vom Frühstückstisch, steht dafür unter verschärfter Beobachung, die ihm sichtlich unangenehm ist. Die Visitenkarte der Tierklinik liegt bereit. Keine weitere Verhaltensauffälligkeit am restlichen Tag. Am frühen Abend üppige Stoffwechselendvorgänge. Die Taille ist wieder schmal.

Heckenphantom

Zwei Tage später zur Stippvisite bei den "Großeltern" in München. Toni liebt die Thujen-Hecke im dortigen Garten (mit dieser Leidenschaft steht er ziemlich alleine da) und unterzieht sie einer manischen Analyse. Vermutung: Nachbarskatze Rosi hat dort ihre Spuren hinterlassen. Das dabei entstandene Foto (siehe oben) mausert sich zum aboluten Social-Media-Hit. In der geschlossenen Facebook-Gruppe der "Airedale Owners" (7.123 Mitglieder) erzielt es innerhalb weniger Stunden 976 Likes und 150 Kommentare. Die Frau fragt sich, wie sie diesen erstaunlichen Erfolg auf ihre Bücher ummünzen könnte. Ihr fällt nichts ein. Der Terrier hat an diesem Nachmittag übrigens mindestens acht Äpfel gefressen, davon drei selbst geerntete. Er wirkt wieder ein wenig rundlich, dafür furzt er mit Apfelaroma.

Die Klette an der Rosette

Wieder zurück in Frankfurt, steht natürlich umgehend Frühsport auf dem Programm. Frau und Hund rennen in den Grüneburgpark. Im dortigen Hundeauslauf stählt Frau ihren Astralleib mit Kniebeugen, Liegestützen (okay, den leichten an der Banklehne), Sit-ups und ähnlichen Trimmübungen, in der vagen Hoffnung, mal wieder in Form zu kommen. Toni verschwindet im Gebüsch, wo er möglicherweise sein Geschäft ungestört verrichten möchte. Als Frau bei ihrer letzten Übung ist, taucht Toni wieder auf. Mit merkwürdigem Gesichtsausdruck und hängenden Ohren. In etwa 30 Metern Entfernung begibt er sich mehrfach in Kackposition, allein die Köttel wollen nicht fallen. Schwitzend und seufzend begibt sich Frauchen zum Hundchen, der jetzt sehr unglücklich aussieht, und begutachtet sein Hinterteil: Rund um die Rosette klebt ein halbes Dutzend Kletten! Weitere übrigens am Schwanz und an den Hinterbeinen. Offensichtlich hat sich der Herr in ein Klettengestrüpp gesetzt ... Meine Frage nun an alle Eltern: Erlebt man so etwas auch mit Kindern??