Carin Müller bloggt ...

Die Magie der Sehnsuchtsorte

Magische Orte - man kennt sie aus Mythologien und Fantasyromanen - Orte, die magisch aufgeladen sind und die geheimnisvolle Mächte auf die Personen ausüben, die sich dort aufhalten. Das kann man glauben (macht Spaß), muss es aber nicht. Ich gestehe, ich gehöre eher zur Fraktion der Realisten, die es für ausgemachten Unsinn halten, in einem Steinkreis die Sonnenwende zu begehen. Auch wenn meine innere Romantikerin eine große Schwäche für Diana Gabaldons Outlander-Serie hegt. Doch das ist eine andere Geschichte.

Mir geht es heute um ganz real existierende magische Locations: Sehnsuchts- und Wohlfühlorte.

Sehnsuchtsorte

Viele Menschen haben Orte, nach denen sie sich völlig unerklärlicherweise sehnen - ohne jemals dagewesen zu sein. New York hört man da gerne exemplarisch oder auch die ein oder andere exotische Inselgruppe. Kommt es dann irgendwann zum Reality-Check, ist das meist eine sehr emotionale Reise. Denn wird die Wirklichkeit gegen die überhöhte Fantasie überhaupt eine Chance haben? Wie beglückend es dann ist, wenn sich herausstellt, dass das eigene Unterbewusstein Recht hatte, ist mit Worten kaum auszudrücken. Gleiches gilt leider auch für das Gegenteil - denn manchmal ist die Sehnsucht schlicht schöner als die Erfüllung.

Sehnsuchtsorte sind übrigens in aller Regel meist relativ ferne Ziele, die man nicht eben mal so aufsuchen kann, sondern schon einen erheblichen Aufwand betreiben muss. Im Gegensatz zu den Wohlfühlorten, die häufig deutlich bescheidener daherkommen.

Wohlfühlorte

Einer meiner absoluten Sehnsuchtsorte war übrigens lange Zeit Vancouver. Keine Ahnung warum, aber ich war regelrecht besessen von der kanadischen Westküsten-Metropole. Bislang war ich zweimal dort, zweimal unter schwierigen äußeren Umständen, doch die Stadt hat mich tatsächlich auch in der Realtität verzaubert. Ich hoffe, dass ich irgendwann mal hinkomme, wenn auch der Rest passt. Dann könnte die Stadt glatt das Zeug zum Wohlfühlort bekommen - wenn auch mit mühsamer und kostspieliger Anreise verbunden.

Mein absoluter Wohlfühlort ist glücklicherweise deutlich verkehrsgünstiger gelegen: Die belgische Nordseeküste mit dem Städtchen De Haan. Wenn ich das Leuten erzählen, die gerade vom Sushi-Essen aus Tokio oder von der Big Five-Safari aus Tansania zurückgekommen sind, ernte ich in der Regel Kopfschütteln und/oder eine irritiert hochgezogene Braue, denn offenbar klingt Belgien in den Ohren vieler ähnlich sexy wie Bayerischer Wald (wobei es da auch sehr schön ist).

Ich hab nun gar nichts gegen Sushi in Tokio oder Safari in Tansania - ganz im Gegenteil, beides steht auf meiner Reisewunschliste ganz weit oben. Genau wie ich überhaupt gerne verreise und neue, mir unbekannte Länder, Städte und Regionen erforsche. Am liebsten übrigens am Meer oder noch lieber per Schiff auf dem Meer. Doch wenn ich ich meine Akkus aufladen und meinen Kopf durchlüften will, geht das besonders gut hier in De Haan.

Zufällig verliebt

Das war nicht immer so. Bis vor ein paar Jahren, wusste ich zwar von der Existenz Belgiens (und der Nordsee), aber beides hat mich ähnlich in Wallung gebracht wie der Bayerische Wald oder das Rothaargebirgte. Nämlich exakt gar nicht.

Doch 2011 musste ich einen lang geplanten und heiß ersehnten dreiwöchigen Westküstentrip (von Vancouver nach San Francisco) kurzfristig krankheitsbedingt absagen. Nachdem damals die Tränen der Enttäuschung getrocknet und Fieber und Hustenanfälle der schlimmen Grippe einigermaßen abgeklungen waren, musste ein kurzfristiger Plan B her. Die Hausärztin empfahl einen Aufenhalt an der See (Reizklima für die Lunge), der Mann brachte De Haan ins Spiel, wo er als Kölner früher schon einige nette Wochenenden verbracht hatte.

Für mich als gebürtige Münchnerin war "Meer" eigentlich immer nur ein Synonym für Mittelmeer - also warm, sonnig, leckere Pasta und süffiger Wein. Belgien und Nordsee klangen so gar nicht danach. Aber für nennenswerten Widerstand war ich immer noch nicht fit genug und so wurde es eben ein Ferienhäuschen in De Haan. Angeblich haben meine Augen beim ersten Strandbesuch ähnlich geleuchtet, wie die von Terrier Toni, in denen man nichts als fassungslose, trunkene Glückseligkeit lesen konnte.

Es funktioniert immer wieder

Das Schöne an einem Wohlfühlort ist, dass die Erwartungen nicht so romantisch überfrachtet sind wie beim Sehnsuchtsort - und sie sich nicht abnutzen. Bei jedem Besuch warte ich insgeheim darauf, dass ich enttäuscht werde, sich das Glücksgefühl verflüchtigt oder sonst ein Missbehagen einstellt. Aber nichts, wirklich gar nichts konnte den Zauber bisher brechen.

Auch diesmal nicht. Dabei waren die Vorraussetzungen wirklich nicht gut. Total geschlaucht, überarbeitet und auch noch am Abend vor der Abreise mit einem vollkommen unerwarteten Nackenschlag konfrontiert, der mir schier den Boden unter den Füßen weggezogen hat, bin ich hier angekommen. Doch dann hat es nur ein paar Stunden gedauert, bis mein Kopf wieder frei und meine Seele gekittet war - siehe auch das Foto von mir oben in der Collage.

Wenn Wohlfühlorte Sehnsuchtsorte werden

Auch wenn "belgische Nordseeküste" total unglamourös klingt, für mich ist hier inzwischen ein wahrlich magischer, ein echter Sehnsuchtsort. Was auch daran liegen kann, dass hier mehr als eine Leidenschaft befriedigt wird ... Jedenfalls weiß ich: Egal, wie schlimm, schwierig, blöd meine Lebensumstände gerade sind - HIER wird alles gut!

Ach ja, zum ersten Mal seit Wochen habe ich auch wieder Lust, die nötige Muße und vor allem Zeit dazu, zu bloggen - und das tut richtig gut!

Was sind DEINE Sehnsuchts- und Wohlfühlorte?

Ich bin neugierig: Wohin zieht dich dein Unterbewusstsein und wohin deine Seele? Und wurdest du schon mal richtig enttäuscht? Ich bin sehr gespannt und freue ich auf Mails.