Hörbuchtipp: Das Schwärmen von tausend Bienen
2.5.2022
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Um es vorwegzunehmen: Ich bin ein großer Fan der Outlander-Saga von Diana Gabaldon, aber ich kann die Bücher NICHT lesen! Den ersten Band habe ich noch geschafft, obwohl auch diese Geschichte die Tausend-Seiten-Marke überschreitet. Meine bevorzugte Buchlänge liegt zwischen 200 und 500 Seiten, da war also schon reichlich Enthusiasmus meinerseits vonnöten. Trotzdem war »Feuer und Stein« vor vielen Jahren mein Einstieg ins Schottland-Zeitreise-Millieu.
Danach kam erst einmal eine lange Pause, denn bei aller Liebe zu Jamie und Claire, wollte ich mir nicht auch noch die weiteren Ziegel antun. Bis ich die Hörbuchversion für mich entdeckt habe. Die Englischsprachige, um es zu präzisieren. Die ungekürzten Fassungen der bislang neun Bände hat allesamt die famose Davina Porter eingesprochen und die macht alle Schwächen wett, die Diana Gabaldon meiner Meinung nach hat.
Warum ein roter Faden, wenn man sich in Details verlieren kann?
Das scheint das Motto von Gabaldon zu sein, für das ich sie liebe und hasse. Liebe, weil sie unglaublich dichte detailversessene Szenen schreiben kann, die man bei der Lektüre (oder beim Zuhören) mit allen Sinnen miterlebt. Hasse, weil diese Szenen oft endlos sind und man als unkonzentrierte Leserin leicht den roten Faden verlieren kann. Manche Sequenzen scheinen völlig außerhalb der Geschichte zu liegen und verschleppen die Spannung und verwirren die Lesenden.
Doch hier kommt Davina Porter ins Spiel: Sie versteht es auf unnachahmliche Art, die Figuren akustisch zum Leben zu erwecken. Egal, ob sie als Claire in der Ich-Perspektive spricht oder als Erzählerin die Handlungsstränge des immer ausschweifender werdenden Casts. Wenn sie mir in schier unendlich vielen Nuancen, Stimmfarben, Dialekten und Sprachen die Geschichte erzählt, bin ich ganz nah dabei und nehme auch die langatmigsten Nebenhandlungen liebend gern in Kauf. Dabei ertappe ich mich, dass die Spaziergänge mit dem Hund immer länger werden und die Mittagspause ausführlicher, nur um noch eine Szene hören zu können.
Ist Band 9 das Finale?
Wir Fans haben ja gefühlte Ewigkeiten auf Band 9 gewartet. Auf deutsch heißt die Geschichte »Das Schwärmen von tausend Bienen«, doch ich finde den englischen Titel »Go Tell The Bees That I Am Gone« passender, auch wenn der ziemlich unheilschwanger daherkommt. So sehr, dass ich wirklich Angst hatte, dass Jamie und/oder Claire am Ende tatsächlich »gone«, also tot sein könnten. Daher habe ich mir das Hörbuch zwar am Erscheinungstag gegönnt, aber ziemlich lange gewartet, bis ich mit dem Hören angefangen habe. So lange, bis ich Entwarnung von meiner Mutter bekam, die die deutschsprachige Hör-Version ziemlich rasch durchgebingt hatte.
Worum geht’s? Das ist in wenigen Sätzen unmöglich zusammenzufassen. Frau Gabaldon hat dafür mehr als 1.500 Seiten gebraucht – was über 50 Hörstunden entspricht – und da ich das Buch über einen Zeitraum von etlichen Wochen gehört habe, kann ich mich am Ende kaum noch an die Ereignisse am Anfang erinnern. Die Geschichte mäandert in wilden Handlungsbögen vor sich hin und franst aus wie ein riesiges Flussdelta, denn es werden die Schicksale gefühlt aller Figuren ausgewalzt, die jemals im Epos Erwähnung gefunden haben.
Erstaunlicherweise gelingt es Gabaldon dann doch, die meisten offenen Fäden (und es gibt sehr viele), wieder zu verknoten, und endet mit einem Cliffhanger, der Hoffnung (oder Angst?) auf Band 10 macht.
Fazit
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich – hätte ich den Roman gelesen – kein besonders wohlwollendes Urteil zustande bringen würde. Von den Fleißsternchen für mein Durchhaltevermögen mal abgesehen. Aber als Hörbuch? Da war es die pure Magie. Wer also genauso audiophil ist wie ich, die Vorgängerbände kennt, über Durchhaltevermögen und eine gewisse Leidensfähigkeit verfügt und außerdem dem Englischen einigermaßen mächtig ist, dem kann ich die Geschichte uneingeschränkt ans Herz legen. PS: Meine Mutter liebt auch die deutschsprachige Hörbuch-Version – da scheint der Zauber also auch zu funktionieren.