WG-Fantasien
25.4.2022
Autorenleben, explizite Szenen, Hot Chocolate, Knisterliteratur, L.A. Roommates, Los Angeles, Re-Release, WG, Wiederveröffentlichung, Wohngemeinschaft, zweiter Frühling
Meine Knister-Saga »Hot Chocolate« feiert diese Woche (am 29.04.2022) Wiederveröffentlichung als »L.A. Roommates« und hat sich von 17 Einzeltitel auf zwei Sammelbände verschlankt. Aber nur äußerlich. Innendrin findet sich das pralle Leben in allen Aspekten.
Es war 2014 (also auch schon wieder acht Jahre her), als mir mehrere Menschen den schlauen Rat gegeben haben, es doch mal mit »Horizontalliteratur« zu versuchen. Also mit expliziter Knisterlektüre. Meine erste Reaktion: Niemals! Ich war mir sicher, dass ich »es« nicht kann. Oder besser gesagt: nicht schreiben kann. Bis dahin gab es aus meiner Feder zweimal fluffige Chick-Lit (heute bekannt als »Hugo’s Affairs 1 +2« ), das die ziemlich schräge Kreuzfahrt/Fußball/Geister-Romanze »Gefühlte Wahrheit« und den Hunderoman »Hundstage«. Alles recht jugendfrei. Denn sobald es in diesen Geschichten zur Sache ging, habe ich diskret abgeblendet. Nun also voll drauf mit der Kamera? Nein. Wirklich nicht.
Sag niemals nie
Ich hätte es natürlich besser wissen müssen. Sobald ich sage, dass ich etwas definitiv-hundertprozentig-aufgarkeinenFall-niemalsnicht tun werde, nagt es in mir. Keine Ahnung, warum. Muss ein seltsamer Softwarefehler sein. Jedenfalls ließ es mir keine Ruhe und ich wollte es irgendwann doch versuchen. Schließlich kann Sex ja eine durchaus erfreuliche Beschäftigung sein, warum also die falsche Scham?
Die Grundidee war dann auch rasch gefunden. Vier junge Single-Frauen, die in einer ziemlich schicken Studentinnen-WG in Los Angeles zusammenleben und nebenbei in der Bar »Hot Chocolate« arbeiten. Sie erleben fantastische Abenteuer, ungezügelte Leidenschaft und irgendwann klopft auch zart die Liebe an. Jede Episode sollte sich um eine der Freundinnen drehen mit einer übergreifenden Geschichte im Hintergrund. Mir schwebte eine Reihe mit kurzen, sexy Geschichten vor. Heiße Häppchen zum Zwischendurchgenießen.
So machte ich mich schließlich ans Werk und schrieb in meiner damaligen Bürogemeinschaft mit heißen Wangen und Schweiß auf der Stirn die ersten Szenen. Am liebsten wollte ich überhaupt niemandem davon erzählen, doch natürlich hielt ich das nicht lange durch. Zumal meine Bürozimmer-Genossin Grafikerin war und mir ja die Cover gestalten könnte. Außerdem fragten die Kolleg:innen, woran ich denn schrieb. Aber außerhalb dieses kleinen Kreises sollte es wirklich, also ganz wirklich keine Menschenseele erfahren, weshalb ich mir ein streng geschlossene Pseudonym zulegte. Ich wollte einen Namen, der mit mir etwas zu tun hat, ohne dass man jedoch Rückschlüsse ziehen konnte. Also habe ich meinen Lieblingsvornamen mit einem englischen Nachnamen kombiniert, der ähnlich banal wie Müller klingt. Voilà: Charlotte Taylor!
Sex sells!
Ich sag’s ja ungern, aber Sex verkauft sich tatsächlich. Zumindest besser als damals »Gefühlte Wahrheit« und »Hundstage«. Anfang 2015 kam »Hot Chocolate – Ava & Jack« heraus und zog gleich in die Amazon Top 100 ein. Was auch die Folgetitel »Jill & George«, »Kate & Blue« und »Lisa & Dan« schafften – und was mir seitdem nur noch punktuell geglückt ist. Ich war erstaunt, irgendwie auch sehr beglückt (zumindest beim Blick auf mein Konto) – und verdammt gestresst. Denn die »doppelte Buchführung« mit zwei strikt getrennten Social-Media-Auftritten und der sonstigen Geheimnistuerei war wirklich anstrengend. Also habe ich nach und nach den Vorhang gelüftet – und wurde glücklicherweise nicht öffentlich an den Pranger gestellt (was auch eine gewisse Angst von mir war).
Weil ja der Teufel bekanntlich am liebsten auf den größten Haufen scheißt, kamen plötzlich Anfragen diverser Verlage, die die Reihe gerne in ihr Programm aufnehmen wollten. Eine interessante Erfahrung. Long Story Short: Mit dem eBook-Imprint be.HEARTBEAT von Lübbe bin ich mitten in der zweiten Staffel der Reihe schließlich handelseinig geworden.
Coitus Interruptus
Es war ein tolles Gefühl, eine schöne Verlagsheimat für die Reihe gefunden zu haben – mit einem engagierten Team, das Spaß am kreativen Ping-Pong hatte und viel Input lieferte. Das war absolut großartig. Leider dauert es selbst bei einem eBook-Verlag länger als im Selfpublishing, bis tatsächlich etwas vorangeht. Das liegt in der Natur der Sache und ist an sich nicht weiter tragisch, doch meine Leserinnen waren frustriert, dass der gewohnte Veröffentlichungsrhythmus nicht so schnell weiterging. Denn ehe die zweite Staffel fortgesetzt wurde, sollte die Vorgeschichte »Hot Chocolate – Promise« erscheinen – in voller Romanlänge. Die musste natürlich erst einmal geschrieben und lektoriert werden ... Für die Reihe war das wohl wie ein Coitus Interruptus beim Sex – recht unbefriedigend.
Trotzdem haben wir sogar noch eine dritte Staffel – diesmal mit anderen Protagonisten und einem etwas anderem Konzept nachgelegt, doch irgendwie war die Luft raus. Und was viel schlimmer war: Bei mir blieb die Lust am Schreiben auf der Strecke. Es gab Phasen, in denen ich mir jeden Satz mit Gewalt aus den Fingern saugen musste und ich um jedes einzelne Wort gerungen habe. Ich denke nicht, dass man es den Geschichten anmerkt, aber es war unglaublich mühsam und anstrengend.
Doch nun ein zweiter Frühling
Ich habe mich schließlich ein wenig umorientiert. Es folgten die ersten beiden »Millionaires Club«-Romane und schließlich mit »Robin – High in the Sky« die Geschichte, die mir die Freude am Schreiben wieder zurückgebracht hat. Explizite Szenen gibt es bei mir immer noch – denn ich kann »es« ja inzwischen! – doch immer nur dann, wenn es die Geschichte voranbringt. So gesehen war »Hot Chocolate« für mich ein wichtiger Meilenstein meiner Laufbahn und ein großer Lerneffekt. Ich bereue es auch keineswegs, mich auf schlüpfrigen Pfaden bewegt zu haben. Ganz im Gegenteil. Nur wer seine Grenzen ausweitet, kann wachsen.
Daher habe ich mich sehr gefreut, als mir meine Lektorin mitteilte, dass auch beHEARTBEAT meiner sexy Wohngemeinschaft eine neue Chance geben möchte. Am 29. April erscheinen mit »L.A. Roommates – Prickelnde Nächte und heiße Flirts« und »L.A. Roommates 2 – Wilde Herzen und süße Verführung« zwei üppige Sammelbände, die die gesamte Serie enthalten. Für reichlich heiße Lesestunden.