Carin Müller bloggt ...

Durchhalten (nicht nur) für Schreibende

Durchhalten für Schreibende, Autor*innen, Schriftsteller*innen

Zählst du dich zu den Durchhaltern oder feierst du Neustarts? Durchhalten ist eine Tugend, die – gefühlt zumindest – in den letzten Jahren einen etwas schlechten Ruf bekommen hat, impliziert sie doch eine gewisse Rückwärtsgewandtheit. Typische Durchhalter sind Menschen, die Dinge auch dann durchziehen, wenn sie eigentlich keine Lust drauf haben oder sie sinnlos erscheinen, einfach aus dem Grund, »weil wir es immer schon gemacht haben« oder »weil Aufgeben nicht gilt«!

Für mich hat das jedoch nichts mit Durchhalten zu tun, sondern mit schlichtem Starrsinn. Ich halte es nämlich für clever, wenn man sein Handeln von Zeit zu Zeit auf Sinnhaftigkeit hin abklopft. Manchmal ändern sich die äußeren Gegebenheiten oder auch die eigenen Ziele und da wäre es sinnlos, nur um des Durchhaltens willens weiterzumachen. In solchen Fällen kann ein beherzter Neustart in eine andere Richtung die klügste Option sein.

Trotzdem bin ich ein Fan vom Durchhalten. Speziell in Bezug auf Dinge und Umstände, die man eigentlich will und gut findet, die aber gerade verdammt mühsam sind. Das gilt häufig für Beziehungen (Freundschaften, Familie, Kollegium, Partnerschaften). Wenn es im Getriebe knirscht und ein Partner mehr investiert als der andere. Befindet man sich generell auf Augenhöhe und stimmt die emotionale Basis, dann neige ich immer zum Durchhalten. Und selbstverständlich werde ich auch Scotty nicht an der Autobahnraststätte aussetzen, nur weil er mich derzeit komplett in den Wahnsinn treibt.

Durchhalten als Autorin

Meinen ersten Roman »Mopsküsse« (heute »Wie war das mit den zauberhaften Anfängen«) haben ich zusammen mit meiner Kollegin im Februar 2005 begonnen – und es hat endlose viereinhalb Jahre gedauert, bis er im September 2009 bei Goldmann erschienen ist. Das war meine erste große Lektion im Durchhalten – und ja, ich war mehrfach versucht, einfach das Handtuch zu werfen.

Nach der ersten großen Hürde wird alles einfacher? Das habe ich mir jedenfalls gedacht, doch Überraschung: Nein! Wurde es nicht. Es gab und gibt Rück- und Tiefschläge, zerplatzte Träume und zerschossene Zeitpläne. Und manchmal gestaltet sich ein Projekt so zäh, dass ich es am liebsten in den hintersten Winkel meiner Festplatte schieben und für alle Zeiten vergessen würde. Doch ich halte durch, denn Schreiben ist nach wie vor mein Traumjob – auch wenn er sich an manchen Tagen ziemlich irdisch, öde und mühsam anfühlt. Und gelegentlich sogar albtraumhaft.

Es ist sauanstrengend, mich zwischendurch so richtig durch den Sumpf zu wühlen und einfach weiterzumachen, obwohl alle anderen Optionen (inklusive aufgeben) so viel verführerischer wären. Vor allem, wenn man dabei auch noch die teuflische kleine Stimme ignorieren muss, die einem mal fiese mal begehrenswerte Dinge ins Ohr flüstert: »Das interessiert doch ohnehin niemanden!« »Die Leser merken es, wenn du nicht mit Herzblut dabei bist!« »Ist doch egal, wenn sich der Zeitplan verschiebt, du hast dir eine Pause verdient!«

Meiner Erfahrung nach, zahlt es sich (fast) immer aus, in solchen Fällen trotzdem weiter zu machen. Zumal all die »Argumente« in der Regel nicht stimmen. Und das befriedigende Gefühl, es allen Widrigkeiten zum Trotz geschafft zu haben, ist einmalig.

Auf die Idee zu diesem Artikel bin ich gekommen, als ich bei 38 Grad in der abgedunkelten Wohnung saß und mein weichgekochtes Hirn zur Arbeit motivieren musste. Normalerweise fällt mir immer etwas ein, worüber ich auf meinem Blog schreiben könnte, doch diesmal hat die Hitze scheinbar jede Kreativität weggeschmolzen. Ich habe kurz überlegt, ob ich einfach eine kurze Sommerpause einlegen sollte. Schließlich »interessiert sich doch sowieso niemand« für diese Seite ... Doch dann hat mir Christopher, mein Webseiten-Guru, die Statistik für den letzten Monat geschickt. Demnach lesen gar nicht mal so wenige Menschen meine Texte. Du bist einer davon. Und für dich halte ich gerne durch! Danke für den indirekten Tritt in meinen Allerwertesten.

Gibt es Ausnahmen?

Selbstverständlich gibt es Situationen, in denen es sinnvoll ist, einfach loszulassen. Wobei daran meist gar nichts einfach ist. Doch das ist ein ganz anderes Thema und darüber schreibe ich demnächst.