Carin Müller bloggt ...

Bleib unberechenbar!

Unberechenbar wie ein Airedale Terrier

Heute ist ein »Eigentlich«-Tag! Also der Tag, an dem ich diesen Text schreibe – nicht der, an dem er veröffentlicht wird. Hoffe ich jedenfalls. Es ist der 13. Oktober 2020 und eigentlich sollte heute Abend die Frankfurter Buchmesse starten. Eigentlich sollten sich ab morgen die Messehallen mit Buchmenschen füllen und eigentlich wollte ich viele liebgewonnene KollegInnen und FreundInnen treffen. Eigentlich sollte dieser Artikel eine Rückschau auf die FBM20 sein. Aber es ist ja alles ander in diesem Jahr. Daher wollte ich heute eigentlich an meinen nächsten Schottlandroman (Band 4) weiterschreiben. Aber die Nacht war schlecht und viel zu kurz, vor dem Haus ist eine Baustelle, und der Schornsteinfeger war auch schon da (hat leider kein Glück gebracht, nur die Gas-Therme gewartet). Also schreibe ich eben diesen ungeplanten Blogartikel.

Gewohnheitstiere vs. Terrier

Wir Menschen sind Gewohnheitstiere und haben es nicht gerne, wenn wir in unseren Routinen gestört werden. Ich selbst habe zwar selten wirklich gleichförmig strukturierte Tage, aber ich nehme mir für jeden Tag Dinge vor, die ich abends auch gerne erledigt hätte. Und wenn diese Vorhaben torpediert werden, bin ich genervt. Dabei ist es unterm Strich völlig egal, wann ich welche Aufgabe erledige, die Hauptsache, es passiert überhaupt.

Überhaupt sollte ich mir vielmehr ein Vorbild an meinem Hund nehmen – der auf meinem vorherigen Blog übrigens viel mehr Platz eingenommen hat als heutzutage. Hunde gelten ja auch als Gewohnheitstiere, die vertraute Abläufe über alle Maßen schätzen. In zahlreichen Hunderatgebern wird daher empfohlen, die Tiere immer zur selben Zeit zu füttern und mit ihnen Gassi zu gehen. Ich halte das für kompletten Unfug. Schließlich wussten die Hundevorläufer (= Wölfe) ja auch nicht, wann ihnen das nächste Mal ein Rehlein oder ein Häschen vors Maul läuft.

Toni hätte zwar zweifellos nichts gegen regelmäßigere Fütterungen, aber ansonsten schätzt er es durchaus unkonventionell. Auch auf seine alten Tage.

Kreativ bis ins hohe Alter

Der Terrier ist nämlich inzwischen zwölf! In Zahlen: 12! Das ist für einen Airedale Terrier durchaus schon ein stattliches Alter. Glücklicherweise ist er noch ziemlich fit – nur das Gehör lässt etwas nach. Wobei das eigentlich nur Vorteile hat. Denn schon früher hat er nur auf das gehört, was er wollte (Anweisungen seiner Zweibeiner wurden und werden eher nach Gutdünken umgesetzt) oder was ihm angst macht. Während Ersteres für die Zweibeiner also keinen nennenswerten Unterschied macht, ist Zweiteres super, weil er sich nicht mehr so sehr vor Gewittern (definitiv!) und Feuerwerken (hoffentlich!) fürchten muss.

Weil heute »Eigentlich«-Tag ist, gibt’s auch eine passende Hunde-Anekdote: Toni gilt als Senior und ja, er ist im Vergleich zu früher ruhiger geworden. Etwas ruhiger zumindest. Im Rahmen seiner Terrier-Möglichkeiten jedenfalls. Er schläft mehr, furzt mehr und vor die Wahl zwischen einer sexy Hündin und einem vollen Napf gestellt, würde er sich immer für den Napf entscheiden. Es gibt in meinem Umfeld Menschenmänner, bei denen es ähnlich ist ... (Nicht in meinem direkten Umfeld!!)

Zugegeben sind unsere Ausflüge nicht nur eigentlich, sondern tatsächlich deutlich gechillter geworden, weil ich nicht mehr ununterbrochen etwaigen Unfug antizipieren (und notfalls) unterbinden muss. Allerdings darf man sich auf keinen Fall in falscher Sicherheit wiegen, denn ... Ich kürze ab. Seine kreativen Einfälle der letzten Woche:

  • Zwei unbeteiligte Passanten angehalten und gefordert, die Einkaufstaschen zu überprüfen. (Teilweise erfolgreich, ernsthafte Übergriffe konnte ich jedoch verhindern.)
  • Einen Bürohengst in der Mittagspause aufdringlich um seinen Döner angebettelt. (Nicht erfolgreich, aber Sabber auf der Anzugshose. Bürohengst hat es nicht bemerkt.)
  • Zwei Hipster um einen Joint angeschnorrt. (Nicht erfolgreich, aber schmutzige Schnauze am Hosenbein des einen Herrn abgerieben. Hosenbesitzer war glücklicherweise schon sehr entspannt ...)
  • Unzählige Hundebesitzer um Leckerlis und Streicheleinheiten erleichtert. (Erfolgsquote bei ca. 85 Prozent!)
  • Einen Lieblingsball eines jungen Australian Shepherds gestohlen – plötzlich war wieder mal ein 50-Meter-Vollsprint möglich. (Erfolgreich Ball seinem Diebesdepot zugeführt.)

Gut, all das hätte er früher an einem guten oder längstens zwei durchschnittlichen Tagen erledigt, aber der Wille ist noch da und die Chancen zum Unfug werden immer noch genutzt.

Bleib unberechenbar!

Irgendwie gefällt mir der Gedanke, es ebenso zu handhaben. Unberechenbar bleiben. Chancen nutzen und Dinge tun, die für den heutigen Tag eigentlich nicht vorgesehen waren. Das ist zwar manchmal unbequem, gelegentlich auch etwas peinlich, hilft aber dabei, flexibel und kreativ zu bleiben.

Und noch eine Sache werde ich mir von Toni abschauen: Ein ausgedehntes Mittagsschläfchen funktioniert zu jeder Tageszeit. Süße Träume!