Carin Müller bloggt ...

Scotty – Maschinenraum!

Braver Hund!

Heute ist der »Earl of Scottsdale von Trebur«, genannt Scotty (oder Schrotti oder Monster oder »Hast du sie eigentlich noch alle??«) genau fünf Monate alt und es ist Zeit für ein Status-Update. Vor ziemlich genau zwei Monaten habe ich hier an dieser Stelle den »Milchzahnkoller beim Satansbraten« beklagt und kann heute berichten: die Milchzähne machen immer noch Ärger.

Wenn auch auf andere Weise. Die Baby-Beißerchen haben sich nämlich zum großen Teil schon verabschiedet (ganz ohne Zahnfee und ohne Souvenir für uns) und machen Platz für das wahre Raubtiergebiss. Die Schneidezähne sind bereits komplett neu (und glücklicherweise nicht mehr so mörderisch spitz), im Backenzahnbereich dagegen herrscht ein Schlachtfeld. Die neuen Zähne schieben, die alten wollen noch nicht ganz weichen und insgesamt scheint das eine verdammt unangenehme Gemengelage im Maul zu sein. Das arme Tier hat Zahnweh – und Beißwut. Die betrifft – glücklicherweise – vor allem Rinderohren und herumliegende Stöckchen. Letztere schreddert er auf eine Weise, dass man denken könnte, der Terrier sei in Wirklichkeit ein Biber.

Zahnweh und Kreativitätsschübe

Zahnschmerzen sind fies, das kann wohl jeder nachvollziehen und einem Hund kann man es auch nicht erklären (auch wenn ich es versuche), doch Scotty hält sich tapfer und probiert es mit Ablenkung. Neben der oben erwähnten Biber-Nummer besteht sein aktueller Fetisch aus Taschentüchern und medizinischen Masken. Es ist erstaunlich, wie viele davon auf der Straße herumliegen und Scotty findet alle. Er findet auch die, die nicht auf der Straße herumliegen, sondern noch an Menschen hängen. Tempos in Mantel- oder Hosentaschen, Masken am Jackenärmel – kein Problem für unseren talentierten Taschendieb. Toni hat fremde Menschen einst höflich um Fressbares angebettelt, Scotty bestiehlt unschuldige Passanten. Und längst nicht alle Mitmenschen finden das witzig ...

Ich habe vor Jahren mal die These entworfen, dass mir nichts mehr peinlich ist, seit ich einen Hund habe. Toni hat mir so viel »cringe« verschafft, wie die U-20-Bevölkerung sagen würde, dass mir ein sehr dickes Fell gewachsen ist und ich nonchalant und schulterzuckend über die meisten Absonderlichkeiten hinwegsehen kann. Scotty scheint meine Grenzen noch weiter ausdehnen zu wollen. Man könnte auch sagen, er arbeitet an meiner Persönlichkeitsentwicklung. Kann ja nicht schaden ... Und vielleicht sind seine Taschendieb-Fähigkeiten irgendwann mal richtig nützlich?

Badezimmerroutinen der besonderen Art

Ich darf vermelden, dass Scotty stubenrein ist. Also fast immer. Meistens eigentlich. Es sei denn, er möchte ein Statement setzen. Buchstäblich. Vor einigen Tagen hat er den Rudelführer ins Büro begleitet und sich stundenlang mustergültig benommen. Bis er im Laufe des Nachmittags vor der Bürotür der Buchhalterin einen Riesenhaufen gesetzt hat! Kurz nach einer Toilettenrunde in der Natur. Was er damit »ausdrücken« wollte?

Offenbar findet er es schön, dass wir Zweibeiner so viel Anteil an seinen Hinterlassenschaften nehmen, dass er sich revanchieren möchte. Er begleitet unsereins nämlich sehr gerne ins Badezimmer. In der Regel vermeide ich das, denn im Gegensatz zu meinem Hund ist mir meine Privatsphäre lieb und teuer, aber manchmal gelingt es ihm doch, mit hineinzuschlüpfen. Beim Händewaschen steht er dann immer neben mir am Waschbecken – Vorderpfoten auf dem Rand – und will aus dem Wasserhahn trinken.

Das ist ziemlich putzig und erheblich weniger ... ähm ... fragwürdig, wie seine gestrige Aktion: Ich saß am Klo, der Hund war draußen, der Mann fragt mich was, ich stehe auf, ziehe mir die Hose hoch und öffne zeitgleich mit dem Abziehen die Tür, um dem Mann zu antworten. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, aber Scotty hat sich das Klopapier, ehe es in die rauschende Tiefe gerissen wurde, geschnappt und ... Ihr könnt es euch vorstellen, ja?

Da er neuerdings auch selbstständig Türen öffnet (hat Toni sein ganzes Leben lang nicht gemacht), werde ich mich zukünftig wohl immer im Bad einsperren müssen.

Lachflashs auf der Hundewiese

Ansonsten läuft es gut mit der Erziehung. Unklar ist nur, wer besser und schneller lernt: der Hund oder wir! Beide Parteien erziehen sich nämlich gegenseitig. Scotty hat beispielsweise längst durchgesetzt, dass er nachts nicht mehr in seiner Box schlafen muss, sondern selbstverständlich auf dem Sofa pennt (hat Toni sein ganzes Leben lang nicht gemacht). Wir dagegen haben ein tolles Rückrufsignal etabliert, das ziemlich bombig funktioniert.

Während alle Welt die werten Vierbeiner mit »Luna ... hiiiiieeeer!!!« zu sich lockt, haben wir uns überlegt, dass man ja auch etwas Originelleres rufen könnte. Dem Hund ist es ja egal, was man auf der Wiese kräht, so lange es nur unwiderstehlich genug untermauert wird. Unser Lockmittel ist neben einer albernen Säuselstimme und idiotischem Gehampel vor allem eine Tube Leberwurst. (Für alle Nicht-Hundemenschen: Ja, es gibt Hundeleberwurst, die in Tuben abgefüllt sind und die ist ein verdammtes Geschenk an die Menschheit!)

Und wir ordern unseren treuen Begleiter nicht etwa mit einem schnöden »Hier« zu uns, sondern mit: »Scotty – Maschinenraum!« Wenn dieser Ruf über die Hundemeile erschallt, dann kommt er mit flatternden Ohren und glänzenden Augen angerast, dockt begeistert an der Leberwursttube an und erträgt das hysterische Gelächter der anderen Hundebesitzer deutlich souveräner als wir.

Fortsetzung folgt!