Carin Müller bloggt ...

Milchzahnkoller beim Satansbraten

Anstrengende Welpenzeit in der Autorinnen-WG

Ich muss diesen Beitrag mit einer kleinen Abbitte beginnen: In meiner Buchbesprechung zu »Welpenerziehung mit Martin Rütter« habe ich mich ein wenig darüber mokiert, dass der Hundeprofi zunächst sehr ausführlich die Frage diskutiert, ob es denn wirklich, also wirklich ganz WIRKLICH ein Welpe sein muss. Ich weiß jetzt auch wieder, warum diese Überlegung so viel Raum einnimmt ... *seufz*

Scotty ist nun gute drei Monate alt, ganz genau genommen dreizehneinhalb Wochen und lebt seit gut fünf Wochen bei uns. Er ist nicht unser erster Welpe und auch nicht unser erster Airedale Terrier, doch entweder haben wir alles vergessen, wie es damals vor dreizehn Jahren mit Toni war oder die optisch zuckersüße Schmusebacke ist tatsächlich ein wahrer Teufelsbraten.

Kampfname »The Destroyer«

Ein Wrestler, der etwas auf sich hält, legt sich einen möglichst martialischen Kampfnamen zu, und ich wage die Vermutung, dass in Scottys Ahnenreihe neben seiner liebreizenden Mama Christa und dem schneidigen Papa Sherlock (beides Airedales mit bestem Pedigree) irgendwo auch ein gewaltbereiter Hooligan oder eben ein Showkämpfer mitgemischt haben muss. Anders kann ich mir das nicht erklären. Scotty, alias »Schrotty«, alias »The Destroyer« würde nämlich am liebsten alles zerstören, was ihm vor die Flinte, Pardon: sein Haifisch-Gebiss kommt: Schuhe, Strümpfe, Hände, Waden, Hosen, Fernbedienungen, Brillen, Klopapier, Glasflaschen (fragt nicht, noch war er damit nicht erfolgreich, NOCH nicht), Pullover, Schlafanzüge, Daunenjacken, Haare, Gummistiefel ... und einmal auch schon einen Amazon-Zusteller. Autsch.

Ach ja, seine »Softbox«, also eine stoffummantelte Indoorhütte mit Mesh-Einsätzen hat er innerhalb von drei Minuten gekillt. Ein Loch ins Mesh gebissen, um freien Ein- und Ausstieg zu haben. Jetzt haben wir eine wenig attraktive Gitterbox im Wohnzimmer stehen, die nichts für Schöner Wohnen ist, aber ausbruchsicher. Er schläft darin jede Nacht und akzeptiert auch seine Auszeiten tagsüber.

Menschen, die mich schon länger kennen, versichern mir, so sei es mit Toni anfangs auch gewesen, doch ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen. Der war doch so ein Schaf?! (Hinweis vom Ehemann, ich möge mal meine eigenen Toni-Kolumnen und meinen Roman »Hundstage« nachlesen – dann sei die »Schafs-These« erledigt. Hm.).

»Er ist der Entspannteste und Kuschligste.«

»Er ist der Entspannteste und Kuschligste.« Das hat mir die Züchterin gesagt, als ich die Welpen im zarten Alter von drei Wochen zum ersten Mal besucht habe. Da hatten sie kaum ihre Äuglein offen und ähnelten eher kleinen fetten Meerschweinchen als Hunden – und doch war ich im Handumdrehen verliebt in den Winzling, der sich an meinen Hals geschmiegt und mir die Nase abgeleckt hat. Das macht er übrigens heute noch gerne. Eine Sekunde nachdem ich ihn am liebsten ermorden würde, sieht er mich mit seinen seelenvollen Knopfaugen an, will um jeden Preis zu mir auf den Schoß oder aufs Sofa und bedeckt mich mit Hundeküssen. Das hat Toni definitiv nie gemacht. Der hat allerdings auch in seinem ganzen Leben nicht so viel gebellt wie Scotty in den ersten Wochen hier ...

Kurz, Scotty ist eine ganz eigene Persönlichkeit und hat außer dem Fressverhalten (gierig, es ist grundsätzlich immer zu wenig im Napf) und seinem Hang zum Posieren vor der Kamera nichts mit seinem legendären Vorgänger gemein. Das ist auch gut so. Toni war Toni und Scotty ist Scotty. Es wäre ohnehin unfair, Vergleiche zu ziehen, aber ich gebe zu, dass es mich schon sehr überrascht, wie unterschiedlich die Tiere sind.

Erziehung & Milchzahnkoller

Momentan steht hier vor allem konsequente Erziehungsarbeit an. Auch wenn ich es theoretisch weiß, muss ich mir doch immer vor Augen führen, dass dieses kleine Wesen ja nocht gar nicht wissen kann, wie ein harmonisches Zusammenleben zwischen Mensch und Tier auf Dauer funktionieren soll. Und es ist unser Job, ihm das klarzumachen. Das ist manchmal mühsam und anstrengend, macht aber vor allem sehr viel Freude, denn Scotty ist bei allem Übermut begeistert dabei, wenn es darum geht, neue Dinge zu lernen. Es hilft auch, wenn ich mir vor Augen führe, WAS er schon alles in der kurzen Zeit gelernt hat. Das tröstet dann über die Ausrutscher und »flüssigen Unfälle« hinweg, die ab und zu noch passieren.

Die aktuelle Phase ist wohl hauptsächlich den Milchzähnen der Hölle geschuldet und der Tatsache, dass junge Hunde sich die Welt nicht nur erschnüffeln und ansehen, sondern vor allem auch mit dem Maul ertasten.

Zwei Dinge sind jedenfalls sicher: Wir lieben ihn von Herzen und würden ihn nie wieder hergeben - und er wird ein spitzenmäßiger Autorenhund werden. Warum? Zum ersten Mal, seit ich mich erinnern kann, habe ich über die Weihnachtstage nicht zugenommen. Wenn das so weiter geht, nehme ich am Ende sogar noch ein paar Pfund ab. Und man munkelt, dass die viele Bewegung auch gut für den Hirnstoffwechsel ist und auch die eigene Kreativität fördert. Da können wir uns also auf einiges gefasst machen.