Carin Müller bloggt ...

Hühner, Waschmaschine und das richtige Mindset

Hühner Mindset

Mich hat kürzlich eine treue Leserin dieses Blogs gefragt, warum ich eigentlich keine saftigen Wutreden mehr publiziere, wie ich sie früher beinahe wöchentlich, mindestens aber einmal pro Monat rausgehauen habe. Darauf gibt’s eine schönklingende und eine resignierte Antwort. Erstere lautet: »Weil ich inzwischen lieber über nützliche und/oder positive Dinge schreibe.« Zweitere: »Weil ich nicht mehr die nötige Energie freisetzen kann, um mich über gewisse Dinge aufzuregen.« Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte. Womöglich hat sich meine innere Einstellung gewandelt, dank derer ich nicht mehr ständig den Impuls zu irgendwelchen Rants (Rant = Hipsterdeutsch für Schimpftirade oder Wutrede) verspüre. Vielleicht will ich meine Energie aber auch lieber für sinnvollere Dinge nutzen.

Das Mindset lässt den Blutdruck steigen

Womit wir aber prompt bei meinem aktuellen Hasswort wären. Die »innere Einstellung« ließe sich nämlich auch schön als »Mindset« bezeichnen – und das ist ein Problem für mich. Ich kann es nicht erklären, aber bei diesem Begriff stellt sich mir der Kamm auf (dazu später noch mehr). Ich höre ja viele recht unterschiedliche Podcasts, aber in gefühlt jedem zweiten erklingt früher oder später der Satz: »Da musst du an deinem Mindset arbeiten!« Manchmal sogar die eher anklagende Variante: »Was stimmt mit deinem Mindset nicht?«

Keine Ahnung, warum mich das so fulminant auf die Palme bringt, denn grundsätzlich bin ich absolut eine Verfechterin der Theorie, dass mit der richtigen inneren Einstellung viele Herausforderungen des Lebens deutlich einfacher zu meistern sind. Aber bei »Mindset« steigt mein Blutdruck in ungesunde Höhen – auch wenn ich und meine innere Einstellung wissen, wie bescheuert das ist. Wenn ich jetzt so vor mich hintippe, könnte ich mich tatsächlich zu einer kleinen Aggro-Abhandlung hinreißen lassen, doch das würde ja ohnehin nichts bringen. Ich wette, bei dem Gros meiner Leserschaft würde nur ein Eindruck entstehen, à la »Die ewiggestrige Müllerin sollte mal eine Achtsamkeitsmeditation in Erwägung ziehen.« Das kann ich nicht wollen. Das wäre vergleichbar missverständlich wie die Sache mit der Drückerei. *seufz* Vielleicht klingt in meinen Ohren »Mindset« schlicht viel zu sehr nach Selbstoptimierung? Ich weiß es nicht.

Waschmaschinenreparatur mit Youtube

Vor ein paar Tagen hat meine Waschmaschine urplötzlich mitten im Waschgang hysterisch zu piepen begonnen. Erst habe ich an einen Rauchmelder gedacht und hatte schon meinen Adventskranz im Verdacht, doch nein, es war die (erst wenige Jahre junge) Waschmaschine, die mir anklagend »E18« entgegenblinkte und -piepste. Laut Bedienungsanleitung bedeutet das, dass sie Verstopfung hat. In der Ableitung oder im Flusensieb.

Mein früheres unoptimiertes Selbst hätte (nach einer deftigen Fluch-Attacke) den Glaubenssatz (auch so ein blödes Wort!) »Scheiße, ich brauch sofort den Kundendienst oder besser gleich eine neue Waschmaschine!« gebrüllt. Mein neues, gechilltes Ich, hat dagegen Youtube bemüht und mithilfe zweier Heimwerker-Tutorials das Problem selbst gelöst. Es hat mich Nerven, Chaos, eine mittlere Überschwemmung im Bad, drei Fingernägel und ein paar Kratzer gekostet, aber ich habe es geschafft! Die Maschine läuft wieder wie eine Eins – und ich verrate nicht, was ich im Flusensieb gefunden habe ... Ich war lächerlich stolz auf mich – und habe den restlichen Tag mit meinen überragenden Heimwerkerinnen-Fähigkeiten angegeben, statt am Manuskript fürs Geheimprojekt 2020 weiterzuschreiben. Aber irgendwas ist ja immer.

Wenn Hühner die Nachtruhe stören

Kennt ihr das? Ihr träumt so intensiv, dass euch klar ist, dass es ein Traum ist? Es soll ja Menschen geben, die diese Handlungen dann im Schlaf steuern oder beeinflussen können. Ich leider nicht – oder nur sehr eingeschränkt. Diese Fähigkeit wäre mir nämlich letzte Nacht sehr gelegen gekommen, denn mich quälte träumend die Frage, ob Hühner zum Eierlegen einen Hahn brauchen oder nicht. Wenn mein träumendes Ich in der Lage gewesen wäre, diese Frage via Google selbstständig zu beantworten, wäre es nicht zu folgender Situation gekommen: Ich beende den Traum, indem ich mich dazu entschließe aufzuwachen. Ich wecke den Mann (not amused!) und stelle ihm die Eier-Frage. Er ist der Meinung, dass die Hennen wohl keine Hähne bräuchten, schließlich sei Eierlegen doch ihr Job. Ich halte das für Humbug, denn eine Amselin kommt ja auch nicht auf die Idee, ständig Eier rauszupoppen, ohne den Amsler in familienplanerischer Intention bemüht zu haben. Gleiches gilt auch für Spatzen, Meisen, Uhus, Nymphensittiche, Pinguine und überhaupt alle anderen Vögel. Warum also sollte es bei Hühnern anders sein? Findet der Mann einleuchtend und will weiterschlafen.

Es hilft nichts. Ich brauche valide Antworten. So stehe ich also auf, hole mein Smartphone von seinem Nachtruheplatz, schalte es an und frage statt den Ehemann die Suchmaschine meines Vertrauens. Und siehe da – der Mann hatte recht! Hühner legen auch ohne Hahn Eier. Ich weiß zwar ehrlich gesagt immer noch nicht warum (logisch ist es nicht), aber ich habe die tiefergehende Recherche nach der geheimnisvollen Geflügel-Biologie zugunsten allgemeiner Infos eingestellt. Die Website www.huehner-haltung.de ist nämlich eine grandiose Fundgrube. Allein schon die ersten Sätze auf der Startseite haben mich bezaubert:

»Hühner halten, ein Hobby das jung und alt begeistert. Der geringe Platzbedarf, die niedrigen Haltungsanforderungen und die große wirtschaftliche Bedeutung machen Hühner zu einem überaus beliebten Haustier. Selbst im kleinsten Garten findet sich ein Plätzchen, um eine Gruppe Hühner zu halten. Und selbst der Laie gewinnt schnell Freude am gefiederten Treiben in seinem Garten, denn die Mindestanforderungen um Hühner zu halten lassen sich mit wenig Aufwand umsetzen.«

Jetzt ist mir auch vollkommen klar, was ich ab dem nächsten Jahr mit unserem ungeliebten Vorgarten anfangen werde! Ob das nun mit einem geänderten Mindset zu tun hat, einer nachhaltig gestimmten inneren Einstellung oder einer geistig umnachteten Achtsamkeit ist mir schnurz: Ich will Hühner haben!

PS: Der Terrier muss sich damit abfinden! Mann und Nachbarn auch – ich werde sie alle mit Eiern bestechen.