Carin Müller bloggt ...

Tapetenwechsel

Warum eine andere Umgebung Wunder wirken kann

Routinen können Halt geben und für Struktur sorgen – sie können aber auch ausbremsen. So ist es mir in den letzten Tagen gegangen. Seit wir uns von unserem Hund Toni verabschieden mussten, ging bei mir schreibtechnisch nicht mehr viel – was wirklich problematisch war, denn die Deadline für den dritten »Insel der Wale«-Roman war schon verstrichen und die für das nächste Projekt winkt mir schon von weitem zu. Aber es ging einfach nicht. Ich sitze an meinem Arbeitsplatz und schaue auf das verwaiste Hundebett. Ich lausche auf das verklungene Schnarchen und bekomme einen Kloß im Hals, wenn mir klar wird, dass ich es nie wieder hören werde. Das tut nicht gut, sondern sehr weh – und ist auch überhaupt nicht zielführend.

Daher habe ich die Gelegenheit genutzt, meinen Mann auf seine Geschäftsreise nach Wien zu begleiten. Nicht zum Sightseeing, sondern zum Arbeiten. Weil aber Wien schon immer eine meiner absoluten Lieblingsstädte ist und ich viel zu lange nicht mehr hier war, gab es nur eine Möglichkeit: Ich schreibe um mein Leben, damit ich mein Tagespensum so schnell wie möglich erledige und habe dann ein paar Stunden Zeit, um meine Lieblingsgassen zu erkunden und gemütlich einen Kaffee zu trinken.

Kaffeehaus-Literatin vs. Frühstücksraum-Tippse

Die Wiener Kaffeehäuser gelten (zweifellos zurecht) als Kreativpool für Literaten. So war natürlich die Idee verführerisch, mich mit Sack, Pack und Laptop in eines der Traditionshäuser zu setzen und von dort aus zu arbeiten. Das wären mutmaßlich auch ziemlich coole Instagram-Posts geworden. Doch meine Faulheit, oder nennen wir es freundlicher: mein Pragmatismus, kam mir dazwischen. Bis ich das Zeug ins Café geschleppt habe, hätte ich ja schon ein paar hundert Worte schreiben können. Also habe ich mich entweder im Zimmer oder im Frühstücksraum unseres Hotels niedergelassen und innerhalb von vier Tagen 16.000 Wörter geschrieben. Das sind rund 65 Seiten und normalerweise brauche ich dafür mindestens fünf Tage. Aber das Beste: Ich war eben NICHT den ganzen Tag beschäftigt, wie sonst gerne zu Hause, wo ich mich durch tausend Dinge ablenken lasse, sondern habe mein tägliches 4k-Pensum in jeweils in vier Stunden durchgezogen. Hammer! Hilfreich dabei war sicherlich auch die liebevolle Versorgung durch die Frühstücks-Crew des Hotel Rathaus in der Wiener Josefstadt, die mich mit Kaffee und Tee versorgt haben, damit ich auch immer gut hydriert war.

Tipps für daheim

Leider kann ich nicht jede Woche verreisen (*seufz*), aber ich würde den Flow gerne mit in den Alltag nehmen. Mein Plan für die nächsten Wochen sieht daher folgendermaßen aus:

  • Schreiben im Park und Café – jeweils so lange, wie der Akku hält! Da mein Gerät diesbezüglich etwas schwachbrüstig ist, habe ich dafür maximal anderthalb Stunden Zeit und sollte sie, so gut es eben geht, nutzen. Extra-Benefit: Durch die Wege habe ich ein wenig mein Gassi-Minus reduziert.
  • Schreiben an anderen Orten in der Wohnung: Normalerweise schreibe ich entweder im Arbeitszimmer am Schreibtisch oder am Esstisch. Vielleicht teste mal aus, wie es auf dem Sofa, am Küchentisch, im Bett oder im Hof klappt. Badewanne lass ich lieber sein ...
  • Schreiben, um eine Belohnung zu bekommen: Wenn ich mein Tagespensum bis mittags schaffe, könnte ich nachmittags eine Kollegin auf ein Stück Kuchen treffen. Oder Schwimmen gehen. Oder ein schönes Essen kochen. Oder mit dem Fahrrad in ein anderes Stadtviertel fahren. Oder einen Film angucken.

Es muss ja nicht täglich sein, aber ich denke, dass zumindest einmal pro Woche ein Tapetenwechsel guttut. Ich werde berichten.