5 Dinge, die ich an Schottland liebe

Konzentration auf das Wesentliche ist im Leben meist ein guter Ratschlag. Das gilt auch für Blogartikel wie diesen, denn ganz ehrlich, hättest du auf den Artikel geklickt, wenn die Überschrift »500 Dinge, die ich an Schottland liebe« lauten würde? Vermutlich nicht. Wahrscheinlich hättest du dich (zurecht) gefragt, ob bei mir noch alle Schräubchen festgezogen sind, und hättest mir deine kostbare Zeit sicher nicht mit einem derartigen Epos vergeudet. Doch »5« klingt schön übersichtlich. Nach maximal fünf Minuten und gleichzeitig substanzieller als »3«. Leider ist es auch eine unangenehme Selbstkasteiung für mich, aber ich gebe mein Bestes. Viel Vergnügen!
Nummer 1: Die Stacheln
Die Distel ist Schottlands Nationalblume und taucht wirklich überall auf. Auf Postkarten, Keksverpackungen, Wappen, Logos, Whiskyflaschen – und natürlich in der Natur. Es gibt zahllose Distelarten in der Unterfamilie der Korbblütler, doch alle eint sie diese faszinierende Mischung aus zart und hart, die für mich die perfekte Beschreibung Schottlands ist. Disteln wirken durch ihre offensichtliche Wehrhaftigkeit auf den ersten Blick spröde und abweisend. Doch dann überraschen sie uns mit einer grazilen und verletzlichen Schönheit, die man nur bewundern kann. Bei Rosen ist es übrigens genau anders herum: Sie locken uns mit der betörenden Opulenz ihrer Blüten und stechen dann hinterlistig zu. Auch wenn ich Rosen liebe, ist mir die Ehrlichkeit der Distel lieber, denn sie steht symbolisch für dieses raue, aber wunderschöne Land mit seinen herzlichen Menschen.
Nummer 2: Das Leuchten
Es gibt zweifellos wissenschaftliche Erklärungen dafür, was an der Lichtstimmung, die in Schottland oft herrscht, so besonders ist. Ich halte mich aber lieber an mein poesiebegabtes Autorinnenhirn, das mir etwas von Magie einflüstert. Es stimmt, in Schottland herrscht (zumindest nach landläufiger Meinung) oft ziemlich mieses Wetter. Spektakuläre Regenwolken türmen sich über den Hügeln der Highlands, werden von böigen Meeresbrisen übers Land gejagt und dort zum Entleeren gebracht. Nebelfelder wabern über Moorlandschaften und verschlingen Mensch und Tier in einer unheilvollen grauen Unwirklichkeit. Doch dann wagt sich plötzlich ein Sonnenstrahl durch und bringt die Welt zum Leuchten – und Hoffnung in die Herzen. Ich selbst habe Schottland übrigens auch schon bei prächtigstem Sonnenschein erlebt und auch das ist atemberaubend schön.
Nummer 3: Die Karos
Vollständig werde ich die Sache mit den Tartans wohl nie verstehen. Jeder schottische Familien-Clan hat sein eigenes Karomuster. Oder nein, in der Regel sind es sogar mehrere: Es gibt die historischen Muster und die modernen, die Ausgehvarianten und die Alltags- oder Jagdmodelle. Und alle können sich signifikant voneinander unterscheiden. Es gibt bis heute Textildesigner, die sich auf Tartans spezialisiert haben und für Fußballmannschaften, Unternehmen, Stiftungen, Events und auch für solvente Besucher individuelle Muster entwerfen, die so einzigartig sind wie ihre Träger. Auch hier treffen wieder zwei scheinbare Gegensätzlichkeiten aufeinander: kühle Geometrie und lustvoller Farbrausch. Tartans dienen gleichzeitig zur Abgrenzung und zur Gemeinschaft, und über Kilt tragende Männer fange ich an dieser Stelle besser nicht an, denn sonst sprenge ich mein Versprechen, mich kurz zu fassen, um Längen ...
Nummer 4: Das Wasser
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Schottland ein verdammt nasses Land ist. Es regnet gefühlt ständig, es ist vom Meer umtost, wird von zahllosen Flüssen und Bächen durchschnitten und von hunderten (oder eher tausenden) »Lochs« strukturiert, wie man in Schottland praktisch alle nichtfließenden Gewässer nennt. Die größten und bekanntesten sind sicherlich Loch Ness und Loch Lomond, und Ersteres wird ja bekanntlich von Nessie, dem sagenumwobenen Ungeheuer heimgesucht. Doch auch in allen anderen Lochs, selbst den allerkleinsten, rechnen die Schotten mit mindestens einem »Each Uisge« als unheilbringenden Bewohner. Diese Wasserpferde legen es darauf an, Menschen zu ertränken und zu verzehren. Nur die Lebern werden verschmäht ... Puh. Auf diese gruselige Legende hin, wenden wir uns jetzt lieber dem »Uisge Beatha« oder »Wasser des Lebens« zu, wie man den Whisky nennt. Das schottische Nationalgetränk wird mindestens ebenso verehrt wie die Disteln, das Licht und die Tartans – und es gibt ihn in noch zahlloseren Varianten. Slàinte mhath! Das ist gälisch, bedeutet »gute Gesundheit« und wird ungefähr »slansche va« ausgesprochen. Und spätestens nach dem zweiten oder dritten »Dram« geht der Trinkspruch dann recht geschmeidig über die Lippen.
Nummer 5: Die Schrulligkeit
Schotten gelten gemeinhin als besonders sparsam (okay, geizig!), doch das halte ich für ein übles Gerücht. Tatsächlich waren sie durch die Kargheit und Ressourcenarmut ihres Landes gezwungen, restlos alles zu verwerten und keine Rohstoffe zu vergeuden. Das kann man bei den diversen lukullischen Spezialitäten wie Eintöpfen, Pies und natürlich Haggis erleben. Letzteren finde ich übrigens ziemlich lecker. Außerdem ist diese Einstellung doch sehr modern und nachhaltig, wie ich finde. Geizig finde ich die Schotten also definitiv nicht, aber zweifellos ziemlich »quirky«, oder eben schrullig, denn ihr Einfallsreichtum beschränkt sich nicht auf kreative Kulinarik, sondern auch auf viele andere Lebensbereiche. Wer sonst bläst so voller Wonne in den Dudelsack und nennt es Musik? Wer sonst wirft Baumstämme und Riesensteine und nennt es Sport? Schotten sind herzlich, aber eigensinnig, und dafür, dass sie das Königreich verlassen und der EU beitreten wollen, liebe ich sie gleich noch einmal mehr. Insofern wundert sich nun wohl kaum noch jemand, dass schwule, gut gebaute Männer, die im Kilt in der Natur Yoga machen, für mich die perfekte Synthese dieser »Quirkiness« sind.
Highland Hope
Alles, was ich an Schottland so sehr liebe, findet sich übrigens auch in meinen »Highland Hope«-Romanen wieder. Im zweiten Band der Reihe, »Ein Pub für Kirkby«, der heute erscheint, sind viele der oben angesprochenen Gegensätze vereint. Es treffen sich die ehrgeizige Sterneköchin Isla und der vom Burnout gezeichnete Ex-Werber Jon, der im beschaulichen Kirkby den lange geschlossenen Dorf-Pub wieder zu neuem Leben erwecken möchte ... Natürlich wird das alles von Kirkbys schrulligen Bewohnern und Islas großer Familie mit Interesse beäugt und kommentiert.
Mehr Infos zum Buch gibt’s hier: Ein Pub für Kirkby
Ein paar Fun Facts über die Reihe kann man im Artikel »Auf nach Kirkby« zu lesen.
Man muss übrigens den ersten Band »Ein Bed & Breakfast für Kirkby« nicht kennen, um Spaß an dieser Geschichte zu haben. Die Romane funktionieren auch unabhängig voneinander.