Carin Müller bloggt ...

Ein Hoch auf die Backlist

Warum die Pflege der vermeintlichen Alttitel im Katalog so wichtig ist

Vor gut zwei Jahren habe ich mir hier zum ersten Mal Gedanken zum Thema Backlist gemacht, also über den stetig umfangreicher werdenden Katalog meiner »Alttitel«. Während das Hauptgeschäft natürlich über die neuen Geschichten generiert wird, macht es nämlich totalen Sinn, auch die bestehenden Bücher nicht aus den Augen zu verlieren.

Nach dem extrem erfolgreichen Rebranding von »Robin – High in the Sky« im März 2023, habe ich mir für Anfang 2024 meine »Insel der Wale«-Reihe vorgeknöpft. Die lief zwar von Anfang an ganz ordentlich (Tatsächlich ist Band 1 »Lebe, als gäbe es kein Morgen« mein bislang umsatzstärkster Roman im Selfpublishing), aber ich hatte das Gefühl, dass da noch mehr geht.

Zielgruppe befragen

Intuition ist gut, Gewissheit ist besser. Daher habe ich rund 5.000 Menschen auf meiner Mailing-Liste befragt. Zunächst einmal danach, ob sie die »Insel der Wale«-Reihe schon gelesen haben. Schockierende 60% meiner Fans, also jener Leute, die meine Geschichten ansonsten sehr mögen, haben mit NEIN geantwortet. Die offene Frage nach dem Warum haben dann viele damit begründet, dass die Cover sie nicht ansprechen. Aus den unterschiedlichsten Gründen: Es wirke zu literarisch sagten etliche, sie denken dabei eher an ein Sachbuch oder spüren einfach nicht den »Vibe«, den sie beim Anblick meiner anderen Romane (insbesondere der Kirkby-Reihe) verspüren.

Also habe ich meine Designerin gebeten, neue Cover zu entwickeln, die von der Optik und dem Gefühl besser zu meiner Highland-Happiness-Reihe passen – auch wenn es darin kaum inhaltliche Parallelen gibt. Abgesehen von der Tatsache, dass der Protagonist aus »Insel der Wale – Lausche den Klängen deiner Seele« der Bruder des Protagonisten aus »Highland Happiness – Die Töpferei von Kirkby« ist ...

Wieder habe ich das Design zuerst meiner Mailingliste gezeigt und die Resonanz war gigantisch. Es gab keine einzige negative Stimme. Krass, oder? In der zweiten Januarwoche kam es dann zum offiziellen Relaunch der Reihe, bei der ich, genau wie bei »Robin – High in the Sky«, auch den Autorinnennamen Charlotte McGregor aufs Cover gesetzt habe. Aus dem Grund, weil die Geschichte inhaltlich und von der Emotionalität her besser zu McGregor als zu Taylor passt.

Ohne sonstige Werbung (außer meiner Amazon-Kampagne, die aber permanent läuft), lediglich mit einer kurzen Preisaktion auf Band 2 und der Info an meine Newsletter-Abonnent:innen, waren die drei »Insel der Wale«-Romane aus dem Stand heraus meine umsatzstärksten Bücher in den Monaten Januar und Februar.

Alttitel, die 2020 bzw. 2021 erschienen sind, haben sich plötzlich besser verkauft als meine vergleichsweisen neuen Romane aus 2023!

Gefühltes oder tatsächliches Alter von Büchern

Im Buchhandel gibt es eine Art Dreimonats-Regel. Neuerscheinungen werden für drei Monate im Laden präsentiert, setzen sie sich nicht durch, fliegen sie nach dieser Zeit raus. Sie gelten als alt und verbraucht. Das ist kein böser Wille, sondern aus der schieren Not geboren, dass ja jeden Monat, jede Woche, jeden Tag neue Titel auf den Markt kommen und ein Buchladen schlicht nur begrenzten Platz bietet.

Im Selfpublishing greifen ähnliche Mechanismen. Der Amazon-Algorithmus beispielsweise pusht neue Bücher auch nur ungefähr für diesen Zeitraum. Da sind die Strukturen und der Kampf um die Sichtbarkeit fast noch komplexer und noch weniger durchschaubar.

Das sind ziemlich schlechte Nachrichten.

Und ein sehr gutes Argument für die Prämisse, sich auf das nächste neue Buch zu konzentrieren. Oder?

Denn nachhaltig ist diese Strategie nicht. Und sie ist auch nicht nötig. Denn die gute Nachricht lautet: Für die Lesenden sind diese Geschichten nicht alt, sondern brandneu, aufregend, beglückend. Sie müssen sie »nur« entdecken.

Dabei hilft natürlich eine Mailingliste – denn die besteht (leider) nicht nur aus enthusiastischen Top-Fans, die wirklich ALLES von ihren Lieblingsautor:innen lesen, sondern vor allem aus Leuten, die ein mildes Interesse hegen. Diese Menschen kann man – wie ich – sehr gut mit einem marktkonformen, optischen Facelift erreichen.

Und die neuen Cover können sich auch organisch für mehr Sichtbarkeit sorgen – beispielsweise, weil Social-Media-Posts intensiv geteilt werden.

Weitere Backlist-Tipps

Ich pflege einen PDF-Katalog mit all meinen Büchern (und immer den aktuellen Covern), den ich in jedem einzelnen Newsletter verlinke. Und wirklich jedes Mal klicken Menschen drauf und entdecken womöglich eine weitere für sie neue Geschichte.

9 beispielhafte Titel aus dem Backlist-Katalog der Autorinnen-WG (Januar 2024)

Regelmäßige Posts auf Social Media. Damit habe ich auch vor zwei Jahren begonnen. An jedem Freitag habe ich unter dem Hashtag #BacklistFriday einen meiner »alten« Romane vorgestellt. Im ersten Durchgang habe ich nicht allzu viele Erfolge damit erzeugt und habe im Artikel vom letzten Jahr (»Die Backlist arbeitet«), diese Taktik sogar als Flop bezeichnet. Bis ich ihr eine weitere Chance gegeben habe. Mit anderer Erwartungshaltung. Man darf nicht denken, dass man aufgrund eines Instagram-Postings gleich einen Schwung Bücher verkauft (schön wäre es), aber steter Tropfen höhlt den Stein. Der zweite Durchgang hat dann auch prompt besser funktioniert.

Ich persönlich werde weiter meine Alttitel regelmäßig in den Fokus meiner Leserschaft stellen – vielleicht auch mal mit gezielten Vorstellungen in meinem Newsletter. Ziemlich sicher werde ich in den nächsten Jahren weitere Relaunches durchführen – wenn Rechte von Verlagsbüchern wieder an mich zurückfallen oder sich Covertrends ändern. Und ich werde weiter regelmäßig über meine Erfahrungen berichten.

Wenn du ebenfalls Tipps hast, wie man seine Backlist beleben kann, dann freue ich mich über eine Mail an .

Und hier noch einmal die beiden Texte, die ich 2022 und 2023 zum Thema geschrieben habe: