Die 5 krassesten Anfängerfehler von SP-Autoren
10.10.2019
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Ich liebe Fehler! Wirklich. Okay, vielleicht nicht direkt sofort, aber auf lange Sicht schon, denn nichts hat eine höhere pädagogische Wirkung. Bei mir zumindest ist das so und vermutlich geht es vielen Menschen ähnlich. Fehler sind also wichtig - doch es gibt ein paar, auf die man getrost verzichten kann!
Ich wende mich mit diesem Text zwar in erster Linie an Selfpublisher, die ihre erste Veröffentlichung planen, sie vielleicht schon hinter sich haben (und es beim nächsten Mal besser machen wollen) oder noch mitten im Schreibprozess stecken, aber auch angehende VerlagsautorInnen dürfen sich bei dem ein oder andern Punkt angesprochen fühlen. Keine Sorge, es gibt noch genügend Raum zum Scheitern (und glaubt mir, ich habe damit erschreckend viel Erfahrung!), aber diese fünf Fehler solltest du dir einfach sparen:
Annahme 1: »Ich brauche kein Lektorat!«
Gefühlt steht in jedem Schreibratgeber, in allen Tipp-Sammlungen für Jungautoren und in sämtlichen Communitys der Satz »Jede Geschichte braucht ein Lektorat!« ziemlich prominent ganz am Anfang. Umso erstaunlicher, dass du trotzdem meinst, darauf verzichten zu können. Warum bloß? Ich kenne alle Antworten: »Ich mag mir von niemandem in meine Story reinreden lassen«, lautet eine der beliebtesten. Schließlich sei man ja aus genau diesem Grund Selfpublisher geworden, um frei und unabhängig bleiben zu können. Was für ein Unsinn! Jede Geschichte wird besser, wenn ein professionelles, unabhängiges Paar Augen sich mit ihr befasst. JEDE!
Als Autor ist man betriebsblind und ignorant für Logikfehler und schwache Dramaturgie – gerade weil man die Geschichte so lebendig im Kopf hat. Ein externer Profi bringt da Ordnung rein. Ein Lektorat ist übrigens nicht gleichzusetzen mit einem Korrektorat. Das braucht man noch zusätzlich. In diesem letzten Bearbeitungsschritt werden dann die letzten Tipp- und Grammatikfehler ausgemerzt. Vor dem Lektorat empfiehlt sich in vielen Fällen auch noch das Feedback von Testlesern, die ebenfalls zum Teil sehr guten Input liefern.
Das ist langwierig und teuer? Ja und ja – aber es lohnt sich! Wenn du dein Buch ohne Lektorat und Korrektorat veröffentlichst, verschenkst du nicht nur enorm viel Potenzial, sondern handelst dir ohne Not (aber häufig zurecht) auch reichlich miese Kritiken ein. Das muss doch nicht sein, oder?
Mein Tipp: Fange bereits beim ersten Kapitel an, Geld zu sparen, damit du vor Veröffentlichung ein Budget von mindestens 2.000 € (besser mehr) für Lektorat, Korrektorat, Coverdesign (siehe nächster Punkt), ggf. auch Buchsatz und die ein oder andere Marketing-Maßnahme zur Verfügung hast! Übrigens solltest du dir von mehreren Lektoren ein Probelektorat anfertigen lassen (ist in den meisten Fällen gratis), dann siehst du gleich, ob ihr auf der gleichen Wellenlänge schwimmt. Gute Lektoren findest du über den Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL). Achtung: Lektor ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Neben wirklich großartigen Leuten, tummeln sich da draußen auch nicht ganz so tolle, die ihr Netz nach unerfahrenen Neulingen auswerfen. Aber auch die erkennst du nach einem Probelektorat!
Annahme 2: »Ich brauche kein Cover-Design!«
Ich stimme dieser Aussage zu, wenn du neben deiner Autorentätigkeit auch ausgebildete Grafikdesignerin bist und schon viel Erfahrung in der Buchbranche gesammelt hast! Ja, solche Leute gibt es (ich bin sogar mit einigen befreundet), aber sie sind rare Ausnahmen. Trifft diese Beschreibung nicht auf dich zu, brauchst du sogar ganz dringend ein Profi-Cover, denn in den allermeisten Fällen entscheidet das Titelbild darüber, ob ein Buch gekauft wird oder nicht. Entscheidend ist dabei nicht nur fachliches Geschick, sondern auch noch Branchen-Know-how, der Designer sollte sich also unbedingt im Buchmarkt auskennen (oder sich zumindest kompetent schlaumachen). Meine ersten SP-Cover hat ein Grafik-Designer kreiert, der zwar fachlich top ist, aber leider keine Ahnung von den gängigen Trends hatte. Glaub mir, ich habe dafür teures Lehrgeld gezahlt ...
Mein Tipp: Tolle Cover-Designer finden sich viel leichter als Lektoren, sie tummeln sich zuhauf in den sozialen Medien und haben keine Scheu, ihre Kreationen zu präsentieren. Da bekommst du ganz schnell einen guten Eindruck, was für dich passen könnte und was nicht. Es gibt zudem auch einige Anbieter wirklich guter Pre-made-Cover. Das sind fertige Designs, die nur noch mit deinem Namen und dem Titel ergänzt werden müssen. In der Regel sind sie erheblich günstiger als ganz neu erstellte Entwürfe. Eine tolle Alternative ist auch die Seite 99 Designs, wo du dir nach einigen vorgegebenen Parametern Entwürfe von mehreren Künstlern erstellen lassen kannst. Budget hast du ja (hoffentlich!) noch vom Lektorat!
Annahme 3: »Ich brauche keine sozialen Medien!«
Klar, du bist Künstlerin und hast auch gar keine Zeit »für diesen Scheiß«. Und die wahren, großen Schriftsteller machen sich ja auch nicht mit den Menschen im Internet gemein. Lach nicht, solche Sprüche höre ich regelmäßig! Und ganz ehrlich, manchmal würde ich auch gerne nach dieser Maxime handeln, denn das sinnvolle Pflegen der Autorenpräsenzen kostet tatsächlich einiges an Zeit (und häufig noch mehr an Nerven!). Allein: Es hilft nichts! Wie sollen die Menschen da draußen denn sonst von deiner Existenz erfahren? Natürlich wirst du nicht all deine potenziellen Leser in den diversen Social-Media-Kanälen finden, aber doch immerhin einige. Und was du jetzt ganz dringend brauchst, ist eine echte Fanbase, die aus mehr Menschen besteht, als aus deinen besten Freunden, Oma und Opa und Tante Uschi. Irgendjemand soll dein hübsches und inhaltlich tadelloses Meisterwerk ja schließlich kaufen, oder? Also solltest du idealerweise schon während des Schreibprozesses damit anfangen, dich auf der ein oder anderen Spielwiese als Autor zu präsentieren. So kannst du dich mit Kollegen vernetzen, Kontakt zu Buchbloggern knüpfen und spätere Leser für deine Arbeit interessieren.
Mein Tipp: Du musst nicht gleich die ganze Palette der sozialen Medien bespielen – das ist tatsächlich schwer machbar. Such dir einen Kanal aus, mit dem du dich wohlfühlst. Die breiteste Reichweite hat sicher nach wie vor Facebook, aber diese Plattform ist vielleicht nicht für alle Zielgruppen gleich gut geeignet. Vielleicht tummeln sich die zukünftigen Fans deiner Romane eher auf Instagram oder Twitter? Guck dich ein bisschen um und konzentriere dich dann auf den Kanal, der dir am meisten liegt.
Annahme 3.1: »Ich bin ja auf Facebook aktiv, da brauche ich keine eigene Website!«
Diesen Zusatz kann ich mir leider nicht verkneifen – auch weil erschreckend viele der etablierten KollegInnen nach diesem gefährlichen Credo leben. Ja, es ist mühsam, eine eigene Webpräsenz zu pflegen – zumal zusätzlich zu den sozialen Medien. Aber es ist auch alternativlos! Facebook & Co ändern gefühlt alle drei Minuten irgendwelche Richtlinien und es geht ruckzuck, dass mal ein Beitrag gelöscht (weil auf einem Foto womöglich zu viel Haut zu sehen ist ...) oder gleich die ganze Seite gesperrt wird. Und was ist dann? Außerdem haben wir nur auf unserer eigenen Webseite wirklich Kontrolle darüber, was wir ins Netz stellen und wie wir uns nach außen hin präsentieren.
Mein Tipp: Wenn du auf deiner Website einen Blog integrierst und regelmäßig über interessante Themen schreibst, dann wirst du automatisch und »organisch« Leser bekommen – dafür sorgt dann schon Google. Aus diesen Lesern sollten dann idealerweise Fans werden – was beispielsweise mit einem Newsletter funktioniert. Man kann es gar nicht oft genug erwähnen, dass eMail-Marketing eines der mächtigsten Werkzeuge für uns Autoren ist! Ja, es ist mühsam, aber es lohnt sich!
Annahme 4: »Ein Autor ist ein einsamer Wolf und kein Rudeltier!«
Selbstverständlich ist diese These legitim. Und vielleicht bist du im Moment ja auch wirklich die einzige Autorin in deinem privaten Umfeld, weil sich alle anderen Menschen nur mit Autotuning, Golfen oder Schnäppchenjagd befassen. Vielleicht finden die Tuner, Golfer und Jäger in deiner sozialen Blase auch ganz toll, dass sie jetzt eine Schriftstellerin im Team haben und zollen dir reichlich Bewunderung. Wenn dem so ist, dann solltest du das unbedingt mitnehmen! Aber es reicht nicht. Niemand außer ein Kollege kann die Verzweiflung nachempfinden, die jeden von uns früher oder später überkommt, wenn man sich beispielsweise in Nebenkriegsschauplätzen im Manuskript verzettelt und plötzlich alles löschen will. Dafür braucht man sein Rudel, das aus Kollegen besteht, die das alles schon durchgemacht haben oder vielleicht auch gerade zum ersten Mal durchstehen. Du findest solche Leute recht einfach in den sozialen Medien oder ganz analog auf Messen, Kongressen wie z.B. dem Self-Publishing-Day oder auch mal bei einer Lesung. Trau dich, wir alle haben mal bei null angefangen.
Mein Tipp: Eine tolle Möglichkeit, Gleichgesinnte kennenzulernen UND gleichzeitig im Manuskript weiterzukommen ist auch der »NaNoWriMo« – der National Novel Writing Month. Ziel dabei ist es, im November einen ganzen Roman zu schreiben. Ja, das ist sportlich, aber man muss es ja nicht übertreiben. Entscheidend ist, dass es eine wunderbare Gelegenheit ist, sich mit anderen Schreibern zu vernetzen, sich gegenseitig anzufeuern und zu unterstützen.
Annahme 5: »Die Welt hat nur auf mein Meisterwerk gewartet!«
Kurze Antwort: »Hat sie nicht.« Punkt. Hat sie WIRKLICH nicht! Tut sie auch auf so gut wie kein Buch. Die Welt ist nämlich ignorant und weiß nicht, was gut für sie wäre. *Ironieoff* Natürlich schadet ein gesundes Selbstbewusstsein nicht. Und selbstredend solltest zumindest du selbst vollkommen von deinem Buch überzeugt sein, aber Selbstüberschätzung bringt dich nicht weit (es sei denn, du heißt Donald Trump, aber das ist eine andere Geschichte ...), sondern sorgt ziemlich verlässlich für unfassbar viel Frust. Dann nämlich, wenn es nach einer Veröffentlichung schlechte Rezensionen hagelt (weil du vermutlich auch auf Lektorat / Korrektorat / Coverdesign verzichtet hast – hey, du bist schließlich ein wahrer Könner!). Oder noch schlimmer: Wenn gar nichts passiert und dein Meisterwerk sang und klanglos in den den Tiefen Amazoniens untergeht. Was dagegen hilft? Geduld, Fleiß, Demut. Auch ein gutes Netzwerk an Kontakten wird nützlich sein, um dein bestmögliches (also lektoriertes, korrigiertes und aufgehübschtes) Werk an den Start zu bringen.
Mein Tipp: Von der eben genannten Trilogie aus Geduld, Fleiß und Demut halte ich übrigens die Geduld für den entscheidenden Faktor. Lass dich nicht hetzen. Es gibt nicht den einen perfekten Veröffentlichungstermin. Wenn deine Weihnachtsromanze jetzt noch nicht gut genug ist, dann veröffentliche sie erst im nächsten Jahr! Lass dir Zeit mit deinem Debüt und hör nicht auf die Ansagen, dass man mindestens vier Romane pro Jahr veröffentlichen muss, um überhaupt eine Chance zu haben ... Ja, das mag alles sein. Aber jetzt geht es um deinen ersten (oder auch zweiten oder dritten) Roman und der wird ziemlich sicher nicht für eine Weltrevolution und Dagobert-Duck-Schätze sorgen. Doch du hast es in der Hand, ein schönes und lohnendes Ergebnis zu produzieren, auf das du noch in vielen Jahren stolz sein kannst. Und das solltest du dir wert sein.
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