Carin Müller bloggt ...

Freundschaften unter AutorInnen

Autorinnenfreundinnen

Wölfe sind nur im Rudel richtig erfolgreich, stark und sicher. Das mag nach Biologie für Anfänger klingen, ist aber deshalb nicht weniger wahr. Aus Gründen, die ich beim besten Willen nicht nachvollziehen kann, werden aber SchriftstellerInnen gerne mit dem Typus des »einsamen Wolfs« gleichgesetzt, was vermutlich an der Tätigkeit des Schreibens liegt, die nur selten im Team stattfindet. Gleichwohl ist dieser Vergleich schlecht gewählt – und nicht nur deswegen, weil derzeit die gefährlichsten (Rechts-)Terroristen als einsame Wölfe bezeichnet werden. Für AutorInnen ist nämlich der Austausch mit Kollegen so wichtig wie das Rudel für die Wölfe.

Gemeinsam statt gegeneinander

Viele Erstlings-Autoren (und ich nehme mich da nicht aus, bei mir war’s ähnlich!) sind tatsächlich recht allein auf weiter Flur. Niemand im Freundes- und Bekanntenkreis ist genauso irre und kommt auf die Schnapsidee, Bücher schreiben zu wollen. Das fühlt sich dann tatsächlich ziemlich einsam an. Und irgendwie auch elitär. Zumindest redet man sich das ein. In einigen Fällen – und seltsamerweise sind davon fast nur Männer betroffen – führt das sogar zu milder Paranoia. Man(n) denkt, die außergewöhnlichste, originellste, mitreißendste, anspruchvollste und schlicht einzigartigste Geschichte aller Zeiten geschaffen zu haben und traut sich deshalb nicht, sie jemandem zum Lesen zu geben. Es könnte ja die Idee geklaut werden ... Trifft man(n) dann per Zufall auf einen erfahreneren Kollegen, der sich interessiert nach der Story erkundigt, breitet sich spontan Panik aus. Doch auf diese besondere Form des Autorenwahnsinns will ich hier gar nicht eingehen, sondern wünsche den Betroffenen einen möglichst raschen Reality Check. Vielmehr will ich auf die Vorteile von »Schreiber-Rudeln« berichten.

Es ist nämlich exakt so wie in der Wildnis: Im Rudel unterstützt man sich gegenseitig, schützt die Schwachen, feiert die Starken und entwickelt seine Fähigkeiten in einem Tempo weiter, das alleine kaum möglich wäre. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wagt es! Trefft euch mit Gleichgesinnten, sprecht über eure Ideen und Projekte! Macht nicht den Fehler, euch aus lauter Angst zu vereinzeln. Klar gibt es auch in unserer Branche schwarze Schafe, die nicht vor Plagiaten zurückschrecken. Aber das passiert so gut wie nie, bei wirklich engem persönlichen Kontakt und ich traue jedem zu, seine Freunde mit Bedacht zu wählen.

So läuft’s bei mir

Es ist ziemlich genau fünfzehn Jahre her, dass ich ernsthaft mit dem belletristischen Schreiben angefangen habe. Vorher gab es zwar schon etliche vergebliche Versuche, romanhaftes zu Papier zu bringen, aber es fehlte mir der ernsthafte Zug. Bis ich mich mit meiner Kollegin Micha Goebig zusammengetan habe. Wir hatten beide den unerfüllten Traum, Romanautorin zu werden. Gemeinsam haben wir es schließlich angepackt – auch wenn es eine gefühlte (und tatsächliche) Ewigkeit gedauert hat, bis unser gemeinsames Debüt Mopsküsse schließlich im September 2009 bei Goldmann erschienen ist.

Micha war in dieser Zeit aber tatsächlich meine einzige Autoren-Freundin. Sonst kannte ich niemanden. Doch kurz nach der Veröffentlichung von »Mopsküsse«, lernte ich Tim Boltz kennen, und bekam neue, spannende Einsichten ins Schriftsteller-Leben. Wir treffen uns nach wie vor regelmäßig und tauschen uns über unsere Arbeit und Sinn und Unsinn unserer schrulligen Existenzen - und wundern uns unter vier Augen über Verlage, Agenten, Lektoren und Leser. Was meist unglaublich lustig, entlastend und gut für die Psychohygiene ist.

Zurück zum Jahr 2009, in dem meine Peergroup aus genau zwei Kollegen bestand. Zwei. Das ist überschaubar. Sehr überschaubar. Und es sollte bis etwa 2014 dauern, bis sich der Kreis erweiterte. »Schuld« daran hatte mein erster selbstveröffentlichter Roman Gefühlte Wahrheit. Als Selfpublisherin hatte ich plötzlich den Eindruck, dass es schlau wäre, erstens aktiver in den sozialen Medien zu werden und zweitens weitere Kollegen kennenzulernen, denn weder Micha noch Tim kannten sich in diesem Bereich des Publizierens aus. Und so knüpfte ich erste zarte Kontakte zu anderen Selfpublishern im ganzen Land. Was für eine Erleichterung, plötzlich Menschen zu kennen, die mit ganz ähnlichen Problemen und Herausforderungen zu kämpfen hatten, wie man selbst.

Wenn aus KollegInnen FreundInnen werden

Richtig Fahrt nahm mein persönliches Autoren-Netzwerk dann 2015 auf, als ich Mitglied des Autorensofas wurde, Teil einer echten Gemeinschaft also. Ich habe dadurch viele wundervolle KollegInnen kennengelernt, mit denen ich tolle Projekte angestoßen habe (u.a. die Millionaires-Club-Reihe mit Viola Plötz und Kathrin Lichters und den Podcast Der literarische Saloon mit Christian Raabe). Aber noch viel schöner: Mit einigen bin ich inzwischen wirklich eng befreundet!

Und so kam es auch, dass ich am vorletzten Wochenende mit Laura Gambrinus, Sabine Landgraeber, Katharina Burkhardt und Anja Saskia Beyer nach Venedig gefahren bin. Drei Tage lang durchstreiften wir die Lagunenstadt, diskutierten nebenbei Buchtitel, Pseudonyme, Plotideen und Strategien. Das war auf so vielen Ebenen beglückend, erleichternd und einfach nur schön! Also schafft euch ein Netzwerk, sucht euch ein Rudel und werdet dadurch bessere SchriftstellerInnen.

Ich bin jedenfalls unendlich froh und dankbar, keine einsame Wölfin mehr zu sein, sondern großartige Menschen in meinem Umfeld zu wissen, die auch meine abseitigsten »Probleme« verstehen, die man seinen »normalen« Mitmenschen nur schwer zumuten kann. Danke, dass es euch gibt - auch jene, die ich hier nicht namentlich erwähnt habe!